Mein erster Termin – 1983

Ich habe noch ein Jahr bis zum Abitur. Durch den Redaktionsleiter einer Tageszeitung (bei dem ich ein Praktikum und meine ersten, überaus schüchternen Stolperversuche gemacht habe, immer ehrfürchtig zu den alten Hasen aufblickend) bin ich in meiner Heimatstadt an eine Redaktion vermittelt worden – ebenfalls eine Tageszeitung.

Und dann ist es soweit: Ach Gottchen, der erste Termin als freie Mitarbeiterin für die Tageszeitung naht. Herzklopfen pur. Text und Foto sind gewünscht über eine Ausstellung, die Schüler zusammengestellt haben und in einer Halle präsentieren. Das Thema habe ich nicht mehr auf dem Schirm.

Das Herz rutscht in die Hose, kreischende Schüler, die Selfies fordern tragen nicht gerade zur Beruhigung bei. Was ist wichtig? Was brauche ich? Was fotografiere ich? Zumal man ja dazu sagen muss, dass das Ergebnis der Fotografierkünste beziehungsweise Versuche ja erst zu sehen ist, wenn der Film entwickelt wurde. Seufz.

Hacken auf der mechanischen Schreibmaschine

Wir schreiben das Jahr 1983. Und dennoch bleibt das im Gedächtnis. Nur: Locker ist anders. Den ersten Artikel habe ich sicher mit einer verkrampften Schulterpartie geschrieben. Auf der mechanischen Schreibmaschine wohl gemerkt. Das sieht man nur noch im Museum oder mit etwas Glück beim Antiquitätenhändler. Der Redakteur, der sich dann meinen Text angeschaut hat korrigierte oder ergänzte diesen von Hand mit einem Kugelschreiber. Aber es war nicht so, dass man mich hinausbeordert hätte. Ein paar Tipps habe ich bekommen, wartete wie auf Kohlen sitzend, bis ein anderer Redakteur mit dem entwickelten Film aus der Dunkelkammer kam. Und merkte: Schreiben kann man immer noch korrigieren, Fotos nicht, wenn sie mal im Kasten sind. (Nebenei erwähnt: Diese Kamera mit dem Metallgehäuse (!) ist ein Geschenk meines Vaters zum Abitur gewesen – man beachte die Klappe und die Kuhle links, in die man einen Film einlegen musste. Und man beachte auch – oben – den Metz-Blitz. Das waren noch Zeiten…)

Die Dunkelkammer

Wie der Name schon sagt. Da ist es dunkel. Stockdunkel. Mehr als nachtdunkel. Denn: Ein einziger Lichtstreifen genügt auf dem belichteten, aber noch nicht entwickelten Film und das Ganze ist für die Katz. Ebenfalls schwarz, weil alles, was auf dem Zelluloid-Streifen als helles Licht fällt diesen schwarz macht.

Als blinder Maulwurf unterwegs

Das lernte ich dann auch noch – aber erst später – als ich meine Ausbildung zur Redakteurin über zwei Jahre lang bei einer Tageszeitung begann – ein Jahr nach dem Abitur. Und ich lernte: Am besten legt man sich sowohl die Entwicklerdose, als such die Spule und den Deckel griffbereit. Denn in der Dunkelkammer war guter Tastsinn angesagt. Und so war das: Schlüssel umdrehen (damit keiner reinplatzt), Licht aus, zum Tisch tasten. Dann die Kamera öffnen, mit dem Finger nach dem Ende des analogen Filmstreifens fingern, am besten einen Finger drunterschieben, um das Innere der Kamera nicht mit der Schere zu beschädigen. Schnitt.

Und dann der schwierige Teil, der mich schnell dazu gebracht hat, das großzügig abgeschnittene Ende mit der Schere abzurunden. Anders kriegt man das kaum in die Spule reingesteckt, geschweige denn aufgedreht auf dieselbe. Bei einem Film mit cirka 30 Aufnahmen können da schon auch ein paar Flüche mit aufgewickelt werden. Ist das geschafft, schiebt man das Rad auf die kleine Stange und steckt alles in die Dose, dann Deckel drauf und ausatmen. Beziehungsweise einatmen.

Zurücktasten zum Lichtschalter. Einschalten und dann geht es weiter in zwei Schritten. Die Entwicklerflüssigkeit muss abgemessen und mit Wasser verdünnt eingefüllt werden. Es empfiehlt sich nicht, dann nachzuschauen, ob der Film noch in der Dose ist, der ist nämlich während dieses Vorgangs, der ein paar Minuten dauert – in denen man dann die Dose samt Flüssigkeit wie einen wertvollen Whiskey im Glas immer wieder bewegen muss. Raus mit der Flüssigkeit, gut durchspülen mit Wasser und dann kommt der Fixierer. Der ist meistens schon angesetzt gewesen mit Wasser – da kommt es auch nicht so auf Genauigkeit an – von ihm geht aber trotzdem ein scharfer, in der Nase stechender Geruch aus. Noch mal zehn Minuten warten, und dann ist es soweit.

Tätätä!

Tätätä und Freude macht sich beim Halten des Negativfilms breit – oder eben auch nicht. Der Film muss dann trocknen oder trocken geföhnt werden. Dann kann er in den Scanner und dann erst kann man sich seine – wohlgemerkt: Schwarz-Weiß-Fotos – mit der Lupe (in Zeiten der Schreibmaschine und später beim Einscannen am Computer) anschauen. Damals gab es nur Schwarz-Weiß-Fotos. Bei der Zeitung zumindest. Alles andere war zunächst zu teuer und auch zum Selbstentwickeln zu aufwändig. Was ich übrigens immer noch schöner finde, wenn es um Porträts oder eindrucksvolle Naturaufnahmen geht. Wobei: Man gewöhnt sich an Farbe, am Anfang fand ich sie eklig und anstrengend.

 

 

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