Back to the Roots?

Oder: Die drei K für die Frauen?

Die drei K in Zusammenhang mit dem weiblichen Geschlecht sind unbekannt? Kinder. Küche. Kirche. Man könnte ein k wie konservativ anfügen. Das Buch von Anita Brookner wurde 1984 geschrieben, es liest sich aber wie eines aus dem vergangenen Jahrhundert. Oder eines aus dem nächsten Jahrtausend? Als (freiheitsliebende und selbständige) Frau kann man sich eines gewissen Grolls beim Lesen von „Hotel du Lac“ nicht erwehren. Kann doch nicht wahr sein, dass sich Frauen immer noch darum scheren müssen, was die Gesellschaft sagt, wenn sie nicht spätestens im Alter von 30 Jahren verheiratet sind und spätestens zwei Jahre später Nachwuchs durch den Geburtskanal drücken.

Und ja, es ist absolut lesenswert. Und nachdenkenswert. Und auch irgendwie unterhaltend (wenn man den Groll unterdrückt). Und gut geschrieben. Wohlgemerkt von einer Frau, die sich nicht wie ihre Protagonistin Edith zwischen Schein, Sein und Müssen-Wollen aufgerieben, sondern sehr beeindruckend ihren Weg gemacht hat –  als Tochter polnischer Juden studierte Anita Brookner Kunstgeschichte,  wurde Expertin für französische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts (da haben wir´s) und übernahm 1967 als erste Frau die Professur für schöne Künste in Cambridge.

Und nun also Edith. Eine Frau, die längst unter der Haube sein sollte. Sich aber einen winzigen Schritt davor – unter der Haube wartet ein zum Gähnen langweiliger Spießer – einfach mit dem Taxi am Standesamt vorbei fährt. Gerettet. Oder nicht? Sie stellt sich wie in Trance dem Spott, dem Entsetzen, der Ausgrenzung ihrer Umgebung, und findet sich bald wieder im Hotel du Lac, in der Schweiz, wo sie zur Vernunft kommen soll.

Es passiert eigentlich nicht viel zwischen den gut 200 Buchseiten. Oder doch? Edith beobachtet ihre Umgebung, die feinen Damen, die sich aus Langeweile dem luxuriösen Shopping hingeben etwa. Doch ihre Menschenkenntnis ist nicht besonders gut, ihre Gedanken drehen sich im Kreis oder um ihren verheirateten Liebhaber. Als Schriftstellerin läuft sie dem wahren Leben beim Stricken von Liebesromanzen davon.

Da kommt mit einem Mal der Prinz auf dem Schimmel angeritten. Nicht vor Liebe glühend, aber ihr doch ein sicheres und ebenbürtiges Leben bietend. Keine Liebe mit fliegenden Herzchen, aber es wäre die sichere Rettung vor der gesellschaftlichen Schmach. Edith willigt ein. Das heißt, sie würde es tun. Wenn sie nicht doch noch in letzter Sekunde eine Entdeckung machen würde… die sie wach rüttelt. Und dennoch keine Tür in ein Paradies öffnet.

Fazit: Wer sich nicht selbst ein Paradies schaffen kann, der bekommt auch keines serviert. Höchstens ein Zweit-Paradies. Klar, das könnte wiederum, will man nicht zum Eremiten beziehungsweise zur Eremitin mutieren, eine verlockende Zugabe sein. Sozusagen das Sahnehäubchen.

 

Anita Brookner, Hotel du Lac, mit einem Vorwort von Elke Heidenreich, Verlag Eisele, ISBN 978-3-96161-079-2, 20 Euro.

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