Es ist ganz einfach da

  Wie soll man ein Bauchgefühl in Worte fassen?

Das passiert mir eigentlich nur noch selten: dass mir die Worte fehlen. Beziehungsweise, dass ich etwas kaum in Worte fassen kann. Manches spürt man intuitiv und wenn man es dann packen und in Worte fassen will flutscht es einem durch die Finger. So geht es mir mit der Mode von Edith Forizs. Unfassbar schön, unfassbar zeitlos und doch modern. Unfassbar auffällig und doch nicht schreiend. Und unfassbar edel. Die Frau weiß, was sie will. Und was sie kann. Es fehlt quasi nur noch die Welt, die das mitbekommt.

Edith Forizs: Ihr Showroom liegt an der Kante der Welt

Ihr Showroom jedenfalls scheint am Ende der Welt zu liegen. Da ich schon einmal über sie berichtet habe, als sie vor ein paar Jahren ihren Bachelor-Abschluss im Fach Modedesign an der Pforzheimer Hochschule machte, erinnert sie sich an mich und schickt mir einen Katalog. Und der haut mich einfach um. Ich will wissen, was es mit dieser Mode, was es mit der Designerin auf sich hat. An meckernden Ziegen, an Garten pflegenden Nachbarn vorbei, am letzten Zipfel des Schömberger Teilorts Oberlengendhardt, da hat sich die ungarisch-stämmige Rumänin mit inzwischen deutscher Staatsbürgerschaft eingenistet. Und wie: edel, geschmackvoll, in ruhigen Farbtönen zeigt sich ihr Showroom. Ebenso edel und wohltuend minimalistisch – ihre Kollektion in den Farben Schneeweiß, Dunkelrot, Schwarz.

Oversized und doch figurbetont

Klare Linien, grafische Elemente, ganz dezent und verspielt höchstens insofern, wenn man dazu den in der Taille mit einem Band gerafften Rock so bezeichnen will. Oder den Hang zu Oversize. Groß, geräumig und trotzdem die Trägerin, deren Figur und deren Persönlichkeit betonend. Wer hinfasst merkt: dass ist kein Billigstoff, das ist was fürs Leben. Kommt nicht aus der Mode, weder vom Material her, noch von den Schnitten her betrachtet. „Ich nehme nur sehr gute Materialien“, sagt Edith Forizs. Die Jungdesignerin ist sich bewusst, dass es schwer ist, sich auf dem Markt zu behaupten, wenn man (noch) keinen Namen hat. Wenn man Kontakte erst noch knüpfen, ein Netzwerk aufbauen muss. Sich zeigen, aber nicht anbiedern, das ist die Kunst.

Sie will unbedingt in meinen Blog – ihr Mut gefällt mir

Mir imponiert, dass sie sich dann doch getraut und sich bei mir gemeldet hat, weil sie gern in meinen Blog gelangen würde. Sicher schmeichelt es auch, aber es entspricht auch meinem Credo „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“. Und tatsächlich hat mich meine Spürnase nicht getrogen: Es steckt eine interessante Geschichte in diesem Kleiderschrank. Edith Forizs (bei meinem Besuch am 18. Juli 2020 noch 37 Jahre alt) erzählt mir, dass sie vor 14 Jahren „mit zwei Koffern und ganz allein“ nach Deutschland ausgewandert und damit der dörflichen Enge in Rumänien entflohen ist. Damit hat sie auch die neunköpfige Familie verlassen. Und erst einmal ehrgeizig Deutsch gepaukt, ein Goethezertifikat erworben, sich unter 200 Bewerberinnen für ein Studium an der Fakultät für Gestaltung durchgesetzt. Vielleicht muss man dazu noch wissen, dass sie schon als Kind davon träumte, eine eigene Boutique zu haben, dass sie schon immer von edlen Stoffen fasziniert war. „Weil ich sie mir nicht leisten konnte.“

„Ich denke und fühle in Kleidern“

Es gibt Menschen, die wissen einfach genau, was sie wollen. Sie spüren es. „Ich denke und ich fühle in Kleidern“, sagt Edith Forizs. Natürlich war sie auch nicht immer sicher, ob sie es richtig angeht, sagt sie. Aber zum Glück hat sie wohl gute Freunde, die sie darin bestärkt haben, auf ihre innere Stimme zu hören. Und die sagte eben nicht, dass sie wie alle anderen vor der Tür großer Designer herumlungern oder ein Praktikum im Ausland machen sollte. Sie bat eine Schneiderei im Enzkreis um ein Praktikum. Und lernte dort: nähen, sticken, säumen, das ganze Programm. Mich erinnert das an den Pforzheimer Schmuckdesigner Sam Tho Duong, der tausende von Perlen von Hand mit einem Feuerzeug auf seinen Kollektionen anbringt. Edith Forisz zeigt mir ein (noch geheimes) Kleid aus Spitze. Und auf dieser Spitze hat sie in 700 Stunden Perle um Perle genäht. „Ich liebe auch Haute Couture.“ Ohne Worte. Sprachlos. Ich verstehe, was sie meint, wenn sie sagt, dass sie der Schnelllebigkeit und der Massenproduktion etwas Wertiges entgegen setzen will. Das Perlenkleid bleibt unbezahlbar und in ihrem Besitz.

Sie legt einfach los – mit der Schere in der Hand – ohne Skizze ohne Schnittmuster

Und die minimalistische Kollektion muss eben noch entdeckt und gewürdigt werden. An der Wand ihres Showrooms hängen ihre Zeichnungen, die sie während des Studiums gemacht hat. „Seitdem habe ich nie wieder gezeichnet.“ Sie braucht das nicht, die Vorstellungen entstehen in ihrem Kopf, ihre Hände und Finger wissen, was zu tun ist. Keine Skizzen, keine Schnittmuster, sie legt direkt mit der Schere in der Hand los. Eine Visionärin. Eine, die die Mode fühlt. Eine, die eine besondere Begabung hat. Und eine Frau, die sicher ihren Weg noch gehen wird. Ich jedenfalls finde, so viel Mut und so viel Ehrlichkeit und so viel Fleiß und Begabung müssen einfach beachtet werden. Zunächst mal von mir, später von der ganzen Welt.

 

Frauen müssen sich gegenseitig unterstützen, nicht bekämpfen. Immer.

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