Und die Welt dreht sich doch
Und manchmal dreht man sich im Kreis. Oder um die eigene Achse. Wenn dabei noch die Gedanken kreisen, dann wird daraus mitunter eine Achterbahnfahrt. Kreativ schreibende Menschen haben definitiv den Vorteil, Wort an Wort aneinanderzureihen, um ihr Leben zu analysieren, zu bewältigen, neu zu justieren – was auch immer.
Man könnte jetzt natürlich seufzend sagen „Reicht ja schon, dass man als Soloselbständige, als Firmeninhaber, als Einzelhändler, als Familienoberhaupt – was auch immer – sich tagtäglich mit Freundin Corona rumschlagen muss. Jetzt auch noch ein Buch über die Pandemie und den Lockdown? Muss das sein?
Ja, es muss meiner Meinung nach. Zumindest dann, wenn man so gut schreiben kann wie die aus Norwegen stammende Maja Lunde, die erfolgreich ihre Bienen aus dem Stock losgeschickt hat, um für sie den Honig einzufahren und auch mit einem weiteren Buch auf eine Wasserader gestoßen ist. Jetzt also ein Buch über die Pandemie und wie das so ist, wenn man mit der Familie nicht nur zum Spaß Zuhause bleibt beziehungsweise bleiben muss. „Mama, du hast ja jeden Tag das Gleiche an.“ Da hat der Sohnemann recht.
Schlimmer als diese Bemerkung dürfte die Feststellung sein, dass auch Risse durch die eigene soziale Blase gehen können, die das Ding auch mal fast zum Platzen bringen. Corona-Verleugner treffen auf Corona-Verängstigte oder zumindest Corona-Vorsichtige. Und Maja Lunde wollte eigentlich ein ganz anderes Buch schreiben. Geht nicht. Sie klebt Tag und Nacht an ihrer neuen „Freundin“. Und stellt fest, dass etwas herauswächst. Nachwächst. Lücken füllt. Dem Kahlschlag etwas entgegensetzt. Es sind schlichte, doch sehr schöne Sätze. Voller Poesie. Trotz allem.
Und einfach ein weiteres wunderbares Buch einer großartigen Autorin.
Maja Lunde: Als die Welt stehen blieb. btb. ISBN-978-3-442-77097-7. 16 Euro.