Asphalt-König

Da kniet doch einer

Der hat doch einen Sprung in der Schüssel: Kniet auf dem Boden beziehungsweise hartem Asphalt, riskiert, von einem Laster platt gemacht zu werden und scheint irgendwas zu fixieren. Gleich mal vorneweg:

Es ist nicht Andreas Buck, der einen Sprung hat. Vielmehr der Zebrastreifen, der zwar rissig, aber immer noch Schutz bietend eher über die Straße bei der Pforzheimer Nagoldbrücke mäandert, denn geradlinig seine Schützlinge zur anderen Straßenseite begleitend. Ein absoluter Liebling von Andreas Buck. Seine Verliebtheit gipfelt darin, dass er unter Umständen dann auch noch einen kleinen Besen hervor zaubert, das Objekt der Begierde damit zu streicheln scheint und es dann – bloßgelegt beziehungsweise herausgeschält aus den Unbilden des Lebens unter freiem Himmel – auch noch fotografiert.

Kunst, die auf der Straße liegt

Wenn man das Ergebnis seiner Asphalt-Liebschaften in dem über 100 Seiten starken, neu verlegten Bildband „StreetArt“ betrachtet weiß man erst, was den Mann reitet. Beziehungsweise niederknien lässt. Für ihn sind, so sagt Andreas Buck, diese Dinge Kunst. Straßenkunst im wahrsten Sinn des Wortes. Und oft spielt auch die Natur mit bei dieser großen Freiluft-Ausstellung. Sie holt sich ein Stück vom Kuchen, schneidet mit ihren messerscharfen Frost-Krallen in das von Menschen geordnete Stück Transportweg oder streut einfach frech ein paar Löwenzahn-Samen in die Ritzen. Nach dem Motto: Euch werde ich es zeigen, dass der Löwe stärker ist als alles Menschengemachte. Eigentlich ist Andreas Buck etwas zu groß für sein Hobby, sicher hätte er es mit einer Körpergröße von 1,50 Metern leichter, etwas zu entdecken. Der Blick ist freilich seit Jahren geschärft und inzwischen hat er ja auch in Pforzheim Gullideckel, Schlaglöcher, Unebenheiten, Zebrastreifen, Stoppblockstreifen, Parkplatzmarkierungen und vieles mehr, denen er mehrmals einen Besuch abstattet. Es ist sozusagen sein eigenes Netzwerk, das er sich aufgebaut hat.

Mehrmals Hinschauen lohnt sich

Und ja, da hat er recht: Es kann absolut interessant sein, eine Straßenkappe mehrmals, zu verschiedenen Tageszeiten, zu verschiedenen Jahreszeiten zu besuchen. Denn mit einem Mal hat der Winter die harte Schale geknackt, kommt das verletzliche und verrostete Innere der Kappe zum Vorschein. Wie seziert sieht sie aus und fast möchte man sie zudecken. Auf dem Davosweg zwischen Pforzheim und Dillweißenstein kann man ebenfalls das Alter sehen, das unter Umständen auch Krampfadern mit sich bringen kann. Geschaffen von Bäumen, die ihre Muskeln unter dem Asphalt spielen lassen. Und man sieht auch: Grau ist nicht Grau. Sondern fast schon bunt. Oder golden. Jetzt weiß man, woher die Goldstadt ihren Namen hat. Und dass das Geld/Gold auf der Straße liegt stimmt auch. Es kommt einfach auf die Perspektive (und das Licht) an. Wer selbst schon mal eine platt gefahrene Coladose von der Straße aufgesammelt und im Büro platziert hat, der kann das Hobby des Pforzheimers gut verstehen. Andere mögen den Kopf schütteln, wenn der Mann mal wieder auf der Straße kniet.

„StreetArt“ von Andreas Buck, limitierte Erstauflage, Buch und Bild Verlag, ISBN-13: 978-3926341150, 79,50 Euro.

Beitragsfoto: Susanne Roth

Foto Zebrastreifen: Andreas Buck

0049 176 81 09 05 78

ROTHstift
Postfach 91 01 26
75091 Pforzheim

srth@gmx.de